Interview mit Monika Matschnig: „Lügen ist Schwerstarbeit“ – Teil 2

17. Juni 2021
Monika Matschnig ist Diplompsychologin und als solche Expertin für Körpersprache. Im VIA-Interview klärt sie auf, mit welchen Tricks man Lügner entlarvt.

Wie und wo können uns Verhörtechniken in der Kommunikation mit Menschen unterstützen? In unserem Alltag haben wir es selten mit „Verhörsituationen“ zu tun …
Wie ein Verhör soll es natürlich nicht wirken! Deshalb die Regel Nr. 1: eine entspannte Atmosphäre schaffen, am Anfang Small Talk machen und dem anderen das Gefühl geben, dass man ihm nichts Böses will, sondern nur die Situation aufklären. Wenn man das schafft, kann man die Baseline eines Menschen sehen! Und im Fall einer Lüge Abweichungen davon sehen. Tipp: einfach mal erzählen lassen, was passiert ist. Hören und schauen: Verändert der Mensch die  Körpersprache? Verändert sich der Lidschlag? Die Stimmlage? Gibt es Girlandensätze? Wenn vieles davon zutrifft, dann wachsam sein! Es gibt ja die Chronologie der Lüge: lange Einleitung, kurzer Hauptteil, kurzer Schluss. Eine wahre Geschichte hat immer eine emotionale Einleitung und der Hauptteil wird sehr ausführlich erzählt. Bestehen Zweifel, kann man noch rückwärts erzählen lassen, denn das funktioniert bei Lügengeschichten nicht. Letzteres eignet sich eher nur bei Kindern oder Jugendlichen.

„Die uns am nächsten sind, können uns am ehesten täuschen.“ Warum? Wir kennen ja ihre Baseline besonders gut!
Bei Kindern funktioniert das noch recht gut, aber so ab dem zehnten oder zwölften Lebensjahr wissen Kinder genau, was sie nicht tun dürfen! Auch Partner wissen das genau. Mein Mann hat es ja nicht leicht mit mir: Bei ihm ist es so, wenn ich nachhake, paralysiert er! Wir machen mittlerweile einen Running Gag daraus. Ich möchte von meinem Mann belogen werden – häufig –, wenn es prosoziale Lügen sind!

Sie sagen, es ist eine mentale Überforderung, wenn wir Lügner entlarven wollen – sehen, hören, interpretieren gleichzeitig: Wo setzt man zuerst an, was sollte/könnte man üben?
Als Allererstes die Wahrnehmung der Körpersprache üben, weil man Sprache leichter kontrollieren kann! Bei Körpersprache gibt es immer Leaks. Das sieht man auch bei Politikern, die ja in Körpersprache oft bestens geschult sind; auch bei ihnen sickert immer ein körpersprachliches Detail durch. Wichtig: Ein einziges Signal hat KEINE Aussagekraft! Beispiel: der Autoverkäufer, ein supergünstiger Gebrauchtwagen. Ich frage: Wo ist der Haken? Ein Unfallwagen? Wenn er die Arme verschränkt, einen Schritt zurückgeht, mich seitlich ansieht und vielleicht auch noch die Lippen zusammenpresst, dann weiß ich, es stimmt etwas nicht. Man sollte üben, Menschen zu beobachten; Füße, Hände, Gesicht – ohne dass sich das Gegenüber durchschaut fühlt. Das ist NICHT schwierig! Das kann man täglich üben, gleichzeitig zu hören und zu sehen. Zum Beispiel eine Talkshow anschauen, eine Diskussion, und zwischendurch den Ton wegschalten. Dann die Emotionen in der Körpersprache wahrnehmen, so schult man sein Auge. Oder einfach einen Kaffee trinken gehen und Menschen beobachten.

Büßen wir durch digitale Kommunikation an Empathie und Wahrnehmung ein?
Erste Studien beweisen, dass Menschen weniger wahrnehmungsfähig und empathisch sind. Weil sie sehr viel allein sind und auch weil es bei Videocalls Emotions- und Empathieverlust gibt.

Positives Abschlusswort vom Managementberater Reinhard K. Sprenger: „Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser.“ Dürfen wir noch auf unser Bauchgefühl hören? Und: Was macht ein HR-Manager, der sich fragt: Ist dieser Mensch vertrauenswürdig?
Erste Frage: Ja! Und zweite: Das kann man abschreiben! Tendenziell sollen wir lernen, das Positive im Menschen zu sehen. Vertrauen ist eine Entscheidungssache und wenn ich mich für Misstrauen entscheide, beeinflusst das mein Gegenüber negativ. Ich muss mich entscheiden, dass der Mensch vertrauenswürdig ist! Das Gute vermuten! Ab und zu wird man vielleicht enttäuscht, man sollte aber die Kraft und Stärke haben, sich immer wieder für das Vertrauen zu entscheiden.

 

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Zur Person

Monika Matschnig

Foto: Astrid Obert

MONIKA MATSCHNIG ist Diplompsychologin, Bestsellerautorin, mehrfach ausgezeichnete Keynote-Speakerin und ehemalige Leistungssportlerin. Seit mehr als 15 Jahren vermittelt sie ihr Know-how an Führungskräfte, Politiker und Privatpersonen. Die Expertin für Körpersprache und Wirkungskompetenz ist ausgebildete Erwachsenentrainerin und überzeugt nicht nur durch ihr fundiertes Fachwissen, sondern auch mit ihrer Eloquenz und nimmt ihr Publikum durch innovative Didaktik mit in ihr Lieblingsthema Körpersprache. Matschnigs Auftritte sind unterhaltsam und motivierend gleichermaßen.

matschnig.com


CLAUDIA TAUCHER

 

Beitragsbild: Astrid Obert

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