Content Strategie im öffentlichen Bereich

15. Januar 2015
Gerhard Lukasiewicz, der Leiter der Pressestelle der Stadt Leoben, und Content-Strategin Cornelia Schuss über kommunale Kommunikation am Beispiel der Stadt Leoben.

Die Stadt Leoben wird, was Kommunikation und neue Medien betrifft, von Fachleuten immer an vorderster Stelle gereiht. Gerhard Lukasiewicz: Wir haben mit der FH Joanneum ein Forschungsprojekt abgewickelt, das sich damit beschäftigt, wie auf kommunaler Ebene erfolgreich mit neuen Medien kommuniziert werden kann. Das Ganze wurde auch mit erfolgreichen Open-Government-Strategien verglichen. Insbesondere in England und Amerika gibt es hier gute Beispiele, die zeigen, welche Möglichkeiten es für Kommunen online gibt. Ziel ist es, die Nase vorn zu haben und Vorreiter zu sein.

Einer der Schritte wird ein Update der Homepage sein …

Gerhard Lukasiewicz: Der Slogan lautet: Leoben – die Stadt der kurzen Wege. Das soll auch im Web abgebildet werden. Dass die Nutzer zielgerichtet hingeführt werden zu den Themen. Auf unserer neuen Website solltest du binnen kürzester Zeit eine Antwort auf deine Frage bekommen. Beispiel: Wann gibt’s wieder eine Müllsammlung? Wie komme ich zu einem neuen Reisepass? Die neue Homepage soll für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Leoben alle relevanten Lebensbereiche abdecken, genauso auch für Unternehmer oder Gründer/innen. Weitere Themen sind Verwaltung, aktuelle Veranstaltungen und Neuigkeiten – und was die Wirtschaft betrifft – wen haben wir an Global Players?

Andere Kanäle „bedienen“ Sie auch?

Gerhard Lukasiewicz: Die neue Website wird das Fundament sein, und darauf aufbauend widmen wir uns populären Kanälen wie Facebook oder Youtube. Auch weitere Plattformen sind denkbar. Wir haben bewusst diesen Dienstposten einer Content-Strategin geschaffen, die diesen Bereich professionell abdecken kann.

Sie haben sich bewusst für eine inhouse-Variante entschieden?

Gerhard Lukasiewicz: Mit Agenturen zu agieren, wäre auch möglich gewesen. Nur wenn man nah am Bürger sein will, ist – glaube ich – der beste Weg, diese Stelle im Haus zu besetzen. Hier sind wir am Puls des Geschehens, die Reaktionszeiten sind kürzer – einer Agentur müsste man die Inhalte wieder übersetzen.

Eine Content-Strategie zu implementieren, dauert eine gewisse Zeit …

Gerhard Lukasiewicz: Ja, wir haben jetzt einen Vorlauf von knapp zwei Jahren und rechnen mit weiteren zwei Jahren, bis alles umgesetzt ist. Der Leitbildprozess begann 2002, er wurde von Professor Zimmermann vom Institut für Geografie und Raumforschung begleitet – quasi die Marschroute der Stadt Leoben. Ein Update erfolgte 2010, und jetzt sind wir von den Maßnahmen her schon auf dem Weg zu 2017. Es geht darum, wohin man mit der Stadt will und wie sie auf Notwendigkeiten reagiert. Das Leitbild ist ein unheimlich wichtiges Dokument, um zu wissen, wohin die Reise gehen soll. Das letzte Update war jetzt die Content-Strategie. Cornelia Schuss: Für die Strategie wurden zum Beispiel sämtliche Seiten der jetzigen Leoben-Website analysiert. Dabei wurden Probleme sichtbar, die fast alle großen, über die Jahre gewachsenen Websites haben: Redundante Inhalte, schwer durchschaubare Seiten-Architektur, tote Links … All diese Dinge gehen wir nun an. Im Mittelpunkt stehen die Bedürfnisse der Bürger/innen – sie sollen sich auf der Website schnell zurechtfinden. Daher entwickeln wir u. a. ein „Online-Leitsystem“ durch die verschiedenen Themen sowie Service-Leitfäden zu häufigen Behördenwegen.

Welche Themen stehen für Sie als Content-Strategin jetzt im Mittelpunkt?

Cornelia Schuss: Content-Strategie ist in Österreich noch eine recht junge Disziplin. Sie wurde notwendig, da bei Web-Projekten lang das Design oder technische Features im Vordergrund standen und die Inhalte dabei oft vergessen wurden. Wie der Begriff „Content“ schon sagt, widmen wir uns zuerst den Inhalten und überlegen, welche Infos die BürgerInnen brauchen. Gerade im Gemeinde-Kontext gibt es so viele Themen, wo eine gut aufgebaute und kontinuierlich betreute Website unnötige Wege erspart. Um diesen Service-Charakter geht es – und darin liegt die Herausforderung: eine große Menge komplexer Information gut verständlich, aktuell und sachlich richtig aufzubereiten. Eine zweite Anforderung ist das Redaktionsmanagement, um stets einen Überblick über alle Inhalte zu haben, langfristig zu planen und redaktionelle Zuständigkeiten zu definieren.

Wie sehen Sie als Kommunikationsfachmann der Stadt Leoben Ihre persönlichen Herausforderungen?

Gerhard Lukasiewicz: Dem Zeitgeist offen gegenüberstehen. Aber auch die nüchterne Betrachtung, Hinterfragung ist manchmal nötig. Es muss nicht jeder Hype gleich mitgeschwungen werden. Die Sinnhaftigkeit gehört schon überprüft und natürlich auch die Verantwortung. Da geht’s um Kosten, es sind öffentliche Gelder, die verwaltet werden. Wichtig ist auch eine Art punktuelle Medienbetreuung. Ich habe viele Jahre als Journalist gearbeitet. Deshalb weiß ich, was die Kolleginnen und Kollegen in den Redaktionen an Informationen benötigen. Es nutzt niemandem, unzählige Presseaussendungen an Printmedien und audiovisuelle Medien – also völlig unselektiert – zu versenden. Für alle Beteiligten ist es besser, das je nach Bedarf gezielt abzuschätzen. Aber das ist ein Grundprinzip von Medienarbeit, das hat jetzt nicht unbedingt mit zukünftigen Anforderungen zu tun.

port_lucasiewicz gerhard_wilke

 

Gerhard Lukasiewicz übte diverse Funktionen beim Österreichischen Bundesheer aus, war Mitarbeiter bei der Kleinen Zeitung und im ORF-Landesstudio Steiermark und leitet seit 2001 die Stabsstelle Presse und PR der Stadt Leoben. Er ist auch Chefredakteur des „Stadtmagazins Leoben“.

 

 

port_Cornelia_Schuss_Pressberger

 

Cornelia Schuss schloss das Diplomstudium an der FH JOANNEUM – Journalismus und Unternehmenskommunikation – 2009 ab. Ihre fachlichen Schwerpunkte sind Content-Strategie, content-geleitete Online-Kommunikation und User Research in Web-Projekten. Seit August 2014 ist sie Content-Strategin der Stadt Leoben.

 

www.leoben.at

Fotos: FREISINGER, Wilke, Pressberger

Google+ Comments

Powered by Google+ Comments

Newsletter-Anmeldung

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.